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Parkinson und Diagnosen

Verdacht auf Morbus Parkinson

Tipps für die Diagnose

Vornüber gebeugter Gang, kleine Schritte, Ruhetremor - das sind die typischen Symptome eines Morbus Parkinson. Bei Patienten in diesem Stadium wird kaum ein Arzt oder Ärztin Schwierigkeiten haben, die richtige Diagnose zu stellen. Doch die motorischen Zeichen, die im Wesentlichen Ausdruck des Dopamin-Mangels sind, stellen nur einen Aspekt der Parkinsonerkrankung dar. Neuropathologische Untersuchungen zeigen, dass die Zellen der Substantia nigra, die den Botenstoff Dopamin produzieren, sogar erst in einem verhältnismäßig späten Erkrankungsstadium betroffen sind. Viel früher zeigen sich spezifische Veränderungen mit Proteinaggregatablagerungen im dorsalen Vaguskern des Hirnstammes, anderen Hirnstammkernen und dem Bulbus olfactorius des Riechhirns. So zählen zu möglichen Frühsymptomen der Parkinsonerkrankung unter anderem Obstipation, depressive Verstimmungen, REM-Schlafstörungen, Störungen des Riechens und nicht zuletzt unspezifische „orthopädische” Symptome wie Schulter- Armschmerzen. Die Diagnose der Parkinsonerkrankung stellt eine klinische Herausforderung dar und infolge der zum Teil atypischen Frühsymptome werden manche Patienten zunächst nicht behandelt. Der zwangsläufig fehlende therapeutische Erfolg und die diagnostische Unsicherheit sind für Patienten wie für behandelnde Ärzte gleichermaßen unbefriedigend.

Wie ist in der Praxis vorzugehen?

Ein klinisch sichere Parkinsonerkrankung kann diagnostiziert werden beim Nachweis von (1) Hypokinese (verlangsamte Bewegungsabläufe und verminderte Spontanbewegung, z.B. Verlust der mimischen Expression, vermindertes Mitschwingen der Arme beim Gehen) und einem weiteren Kardinalsymptom wie (2) Rigidität (wächsender, zahnradartig zu- und abnehmender Widerstand der Muskulatur bei passiven Bewegungen) und (3) Ruhetremor. Die im deutschen Sprachraum verbreitete Bezeichnung der „Schüttellähmung” ist insofern irreführend, als ein Tremor bei etwa 30 Prozent der Parkinsonerkrankten nicht auftritt. Die initial häufig durch beginnenden Rigor bedingte therapieresistente Schmerzen sind der Hauptgrund für Fehldiagnosen wie Arthrose, Rheuma oder Schulter-Arm-Syndrom. Typischerweise treten die motorischen Symptome zunächst einseitig auf und werden erst im weiteren Verlauf der Erkrankung beidseitig ausgeprägt. Begleitsymptome können das vegetative Nervensystem betreffen (Seborrhoe, orthostatische Hypotension, Störungen der Blasen- und sexuellen Funktion oder Obstipation). Häufig sind auch unspezifische sensorische Symptome wie Missempfindungen in einer Extremität und als zunächst Schulter-Arm-Syndrom gewertete Beschwerden und Bewegungseinschränkungen eines Armes. Dementsprechend ist bei der klinischen Untersuchung insbesondere auf das Mitschwingen der Arme beim Gehen zu achten. Ein vermindertes Mitschwingen eines Armes verbunden mit Unsicherheit beim Umdrehen und einer reduzierten mimischen Expressionsbreite („Pokerface”) lassen eine Parkinsonerkrankung sehr wahrscheinlich erscheinen. Hilfreich kann der vom ärztlichen Beirat der deutschen Parkinsonvereinigung (dPV) Fragebogen zur Früherkennung der Parkinsonerkrankung sein:

  1. Kommt es vor, dass die Hand zittert, obwohl sie entspannt aufliegt?
  2. Ist ein Arm angewinkelt und schwingt beim Gehen nicht mit?
  3. Hat der Patient eine vornüber gebeugte Haltung?
  4. Leicht schlurfender Gang oder Bein nachgezogen?
  5. Ist der Gang kleinschrittig und kommt es häufig vor, dass der Patient stolpert?
  6. Leidet der Patient an Antriebs- und Initiativmangel?
  7. Klagt der Patient häufig über Rückenschmerzen im Nacken-Schulterbereich?
  8. Hat der Patient bemerkt, sich von Freunden und Angehörigen zurückzuziehen, meidet Kontakte?
  9. Bemerken Sie Veränderungen in der Stimme, ist sie monotoner und leiser als früher?
  10. Hat der Patient eine Verkleinerung seiner Schrift bemerkt?

Wenn mehr als drei Fragen mit „ja” beantwortet werden, könnte die betroffene Person erste Anzeichen der Erkrankung aufweisen. Bei Verdacht auf eine Parkinsonerkrankung sollte umgehend die Überweisung zu einem Facharzt für Neurologie erfolgen, um Fehlbehandlungen zu vermeiden und frühzeitig mit einer optimalen, an den Patienten und das Krankheitsstadium angepassten Therapie beginnen zu können. Dies ist umso wichtiger, je jünger die Patienten sind, da dann auch an die Wilson'sche Erkrankung gedacht werden muß, oder eine genetische Testung auf ein rezessiv vererbtes Parkinsonsyndrom sinnvoll sein kann.

Differentialdiagnose

Wichtig ist die gute klinische Beurteilung der Patienten. Abzugrenzen sind symptomatische Parkinsonsyndrome zum Beispiel durch Nebenwirkung einer Neuroleptika- Medikation sowie Bewegungsstörungen im Rahmen anderer neurologischer Erkrankungen: neben den so genannten atypischen Parkinsonsyndromen (Multisystematrophie, MSA; progressive supranukleäre Blickparese, PSP und Demenz mit Levi-Körperchen) sind dies in erster Linie der essentielle Tremor, Normaldruck-Hydrozephalus (NPH) und das vaskuläre Parkinsonsyndrom im Rahmen einer schweren vaskulären Enzephalopathie (subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie; SAE). Sekundäre Parkinsonsyndrome durch Traumata nach Enzephalitis durch Tumor oder Intoxikation spielen in der Praxis nur selten eine Rolle. Neben Neuroleptika sind Parkinsonsyndrome (sehr selten) bei manchen Antikonvulsiva beschrieben worden (Valproat und Lamotrigin). Warnzeichen für eine MSA sind schwere autonome Störungen zu Beginn der Erkrankung, für die PSP die Blicklähmung und häufige Stürze. Bei manchen Parkinsonpatienten steht der Tremor ganz im Vordergrund. Eine wichtige Differentialdiagnose stellt dann der so genannte essentielle oder auch familiäre Tremor dar (ET). Auch der ET ist eine spezifische neurologische Bewegungsstörung noch ungeklärter Ursache. Im Gegensatz zum Parkinsontremor ist der essentielle Tremor ein Aktionstremor. Das Zittern tritt vorzugsweise dann auf, wenn der Erkrankte eine Tätigkeit aktiv ausführt, zum Beispiel beim Halten von Gegenständen wie einer Tasse Kaffee oder einer Wasserflasche oder dem Durchführen feinmotorischer Arbeiten. Das Zittern ist emotional gebahnt und verstärkt sich typischerweise erheblich unter Stress. Der essentielle Tremor betrifft in der Regel beide Arme gleichmäßig, gelegentlich auch den Kopf und die Stimme, wesentlich seltener die Beine. Die Erkrankung nimmt in der Regel nach dem 40. Lebensjahr langsam zu, es entwickeln sich jedoch über das Zittern hinaus keine anderen Symptome. Die medikamentöse Behandlung erfolgt in erster Linie durch einschleichend dosierte Beta-Blocker. Ein typisches Zeichen ist Alkohol-Sensitität; viele Patienten bemerken eine deutliche Verminderung des Tremors bei Alkohol-Konsum, was nicht selten in die Alkohol-Abhängigkeit führt. Ähnlich wie bei der Parkinsonerkrankung konnten in der jüngsten Vergangenheit Genorte identifiziert werden, die in einzelnen Familien für die Ausprägung des essentiellen Tremors verantwortlich sind, therapeutische oder diagnostische Konsequenzen für die Praxis haben sich hieraus bislang noch nicht ergeben.

Apperative Zusatzdiagnostik dient im wesentlichen dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Durch die Kernspintomographie des Gehirns werden dabei zwei wichtige Differentialdiagnosen der Parkinsonerkrankung erfasst: der NPH und das vaskuläre Parkinsonsyndrom im Rahmen einer chronischen Durchblutungsstörung (SAE).

Der Normaldruck-Hydrozephalus ist klinisch durch eine Trias aus Gangstörung, Harninkontinenz und dementieller Entwicklung gekennzeichnet. Typischerweise findet sich eine Erweiterung der inneren Liquorräume mit diskrepant engen Furchen an der Mantelkante. Die Diagnosesicherung erfolgt durch Lumbalpunktion, die Therapie durch die Anlage eines ventrikulo-peritonealen Shunts in einer spezialisierten neurologischen bzw. neurochirurgischen Klinik. Das vaskuläre Parkinsonsyndrom im Rahmen einer SAE ist vor allem durch das Auftreten einer Gangstörung ohne Rigor oder Tremor mit ausgedehnter Mikroangiopathie gekennzeichnet.

Wenn klinisch keine eindeutige Diagnose gestellt werden kann, ist der Nachweis einer Verminderung der dopaminergen Terminalen im ZNS durch nuklearmedizinische Verfahren möglich. Sowohl mit der weiterverbreiteten single-photon-Emissions-Computertomographie (SPECT) als auch durch die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) kann ein Defizit der dopaminproduzierenden Zellen mit verschiedenen radioaktiven tracern nachgewiesen werden. Am verbreitetsten ist der DAT-Scan bei dem die Dopamin-Transportermoleküle dargestellt werden. Während die Kernspintomographie des typischen Parkinsonpatienten keinen positiv wegweisenden Befund erbringt, zeigt im Gegensatz dazu die duplex-sonographische Untersuchung des Hirnstamms bei Parkinsonpatienten auch im Frühstadium schon eine so genannte echogene, hyperintense Zone. Um Doppeluntersuchungen bzw. ungezielte Diagnostik zu vermeiden, sollte die Indikation zur Bildgebung nur durch den Spezialisten gestellt werden. Grundsätzlich sollte bei Verdacht auf ein Parkinsonsyndrom zunächst die Überweisung an einen Facharzt für Neurologie erfolgen, um die Diagnose zu sichern und eine zielgerichtete Therapie einzuleiten. Eine optimierte, an die individuellen Bedürfnisse des Patienten bzw. des Krankheitsstadiums angepasste Therapie ist von entscheidender Bedeutung für eine langfristige Symptomkontrolle und für die möglichst lange Selbständigkeit des Patienten im beruflichen und sozialen Umfeld. Mittel- und langfristig ist eine enge Kooperation zwischen Neurologen und betreuendem Hausarzt unabdingbar, da die Erkrankung, anders als noch bis vor wenigen Jahren angenommen, über die motorischen Einschränkungen hinaus eine Reihe anderer ZNS-Funktionen beeinträchtigt. So gehören zur optimalen Behandlung der Parkinsonerkrankung dann auch das Erkennen der schon erwähnten autonomen Begleitsymptome, von denen viele medikamentös gut behandelt werden können. Die REM-Schlafverhaltensstörung, die durch eine verminderte Inaktivierung der Muskulatur während des Traumschlafes zustande kommt, spricht sehr gut auf eine niedrig dosierte Behandlung mit einem Benzodiazepin an, die häufig vorliegende Detrusor-Hyperaktivität kann durch ein blasenselektives Anticholinergikum (zum Beispiel Dirafenacin), bei einer gleichzeitig bestehenden Sphinkter-Dyssynergie in Kombination mit Tamsolusin behandelt werden. Eine orthostatische Dysregulation sollte vorzugsweise durch regelmäßiges, anaerobes Ausdauertraining, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und physikalische Maßnahmen behandelt werden. Ergänzend kann eine medikamentöse Behandlung mit einem Sympatomimetikum wie zum Beispiel Midodrin erfolgen. Auch die Behandlung einer möglicherweise begleitend bestehenden Depression oder Demenz erfordert die Kooperation von Spezialist und Praktiker.

Weitere Informationen für Patienten und Ärzte:

www.parkinson-vereinigung.de
www.kompetenznetz- parkinson.de
http://www.krankenpflege-journal.com

 
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