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Interdisziplinäres Therapiekonzept

Vorschaubild Interdisziplinäres Therapiekonzept Orofaziale Spalten

Das interdisziplinäre Therapiekonzept wurde 2014 in einer zahnärztlichen Zeitschrift vom Thieme Verlag veröffentlicht und kann in ausführlicher Form mit Bildmaterial durch Klick auf das Bild rechts heruntergeladen werden.

 

 

 

 

Zusammenfassung

Das Konzept der passiven prächirurgischen Therapie basiert darauf, dass die Kiefersegmente richtig stehen und eine randständige Hypoplasie vorliegt. Durch Einsetzen einer Gaumenplatte aus Kunststoff und gezielte Einschleifmaßnahmen können die Kiefersegmente zueinander wachsen. Die Kiefer- und Gaumenspalte wird kleiner. Die Platte wird innerhalb der ersten Lebenstage (je früher desto besser die Mitarbeit, das Kind lernt mit der Platte zu trinken) eingesetzt. In der Regel reicht es aus, wenn das Kind zur Abformung in die Klinik kommt, wenn es vom Krankenhaus entlassen wird. Die Gaumenplatte hat in der Regel keinen Einfluss auf die Ernährung, die aufgenommene Milchmenge und die Gewichts-/ Längenzunahme der Kinder. Der Begriff „Trinkplatte“ ist deswegen irreführend. Bei Problemen mit der Ernährung oder der Atmung sollte die Platte nach Besprechung der Indikation mit dem Kinderarzt und den Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen auf Station eingesetzt werden. Die Platte wird gezielt einschliffen und regelmäßig erneuert. Nach Druckstellen wird jeweils ca. drei Tage nach Einsetzen der Platten kontrolliert. Die Platte wird in der Regel bis zum Gaumenverschluss getragen.

Nasoalveolar molding (NAM)

Das Konzept basiert auf die Plastizität des elastischen Nasenknorpels, der umgebenden Weichgewebe (Haut, Muskeln, Mucosa) und der knöchernen Maxilla in der frühen neonatalen Periode.

Die Ziele von NAM sind:

  • Langfristige Verbesserung der Nasenästhetik
  • Reduktion der Anzahl, des Ausmaßes und der Komplexität von zukünftigen plastischen Lippen- und Nasenkorrekturen
  • Minimierung der Notwendigkeit von Knochentransplantationen im Alveolarfortsatzbereich
  • Begrenzte Störung des maxillären Wachstums
  • Limitierung aller notwendigen ärztlichen Maßnahmen und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Spaltbehandlung

Der Knorpel der Nase wird geformt, indem Nasenstege eine Kraft auf die Nasenflügel und die Nasenspitze ausüben. Die Nasenstege werden auf eine vorhandene Gaumenplatte fixiert. Die direkten therapeutischen Effekte der Nasenpelotten sind die Elongation der Collumela, Expansion der nasalen Mucosa im Spaltbereich und Verbesserung der Symmetrie der Nasenspitze. Der Nasenknorpel wird symmetrisch, die Nasenflügel werden ausgepolstert und konvex. Der Punkt Subnasale bekommt eine gute Definition. Darüber hinaus werden die gespaltenen Lippensegmente verlängert, indem sie mit Haftstreifen zueinander gezogen werden: eine wichtige Maßnahme, die zu einer spannungsfreien chirurgischen Adhäsion und Minimierung der postoperativen Narbe an der Oberlippe führt. Durch den intraoralen Teil der NAM-Apparatur, die Gaumenplatte, reduziert sich die Breite der Kiefer- und Gaumenspalte und eine gute Schluck- und Ernährungsfunktion wird gewährleistet.

Durch Nasoalveolar Molding wird das alte Konzept der passiven Gaumenplatte aufgegeben bzw. stark modifiziert. Die traditionelle Gaumenplatte bekommt aktive Elemente und übt auf den Kiefer, die Nase und die umliegenden Strukturen Kräfte aus. Die Technik wurde von Dr. Daratsianos in der Poliklinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Bonn im Jahr 2008 eingeführt und seit dem weiterentwickelt. Hierzu wurde eine Pressemeldung von der Universität Bonn im Sommer 2010 veröffentlicht. Das bis dann praktizierte Konzept der passiven Platte wurde verändert. Inzwischen werden alle Patienten mit Lippenspalten durch Nasoalveolar Molding für die Lippenplastik vorbereitet. Die Ergebnisse sind vielversprechend. Leider ist die Technik im Europäischen Raum, anders als in Amerika und Asien, kaum verbreitert.

Kieferorthopäde, Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurg und Logopäde beraten zusammen. Das chirurgische Konzept wird vorgestellt. Der OP-Termin für die Lippenplastik wird ausgemacht. Es ist sinnvoll, sich in den ersten drei Lebensmonaten in der Sprechstunde vorzustellen.

Eine Vorstellung beim HNO-Arzt ist in den ersten Lebensmonaten wichtig. Häufige Kontrollen sollen danach erfolgen. Die Tuba auditiva ist z.T. hypoplastisch => kein Flüssigkeitsaustausch mit der Mundhöhle => evtl. Parazentese notwendig (Paukenröhrchen um die Flüssigkeitsansammlung zu vermeiden)! Vorsicht: Die Hörbahnreifung ist mit 2 Jahren abgeschlossen => Hörprobleme in den ersten 2 Jahren können zu bleibenden Schäden führen! Das Paukenröhrchen wird in der Regel zeitgleich mit der Lippen-OP durchgeführt.

Eine Vorstellung beim Logopäden ist in den ersten Lebensmonaten wichtig. Häufige Kontrollen sollen danach erfolgen. Die Ernährung / Entwicklung soll dokumentiert werden und evtl. Physiotherapie (insbesondere bei Sondenernährung wichtig!) eingeleitet werden. Eine Frühförderung im vorsprachlichen Bereich ist vor der Einschulung wichtig.

Die Lippe wird operiert in der Regel rechts und links gleichzeitig, in seltenen Fällen zweizeitig (Tennison-Randall-Technik / Veau-Technik). Eine primäre Nasenkorrektur (Sayler-Technik) wird in der gleichen Sitzung durchgeführt. In der Regel wird eine neue Gaumenplatte eine Woche nach der Lippenplastik zum Zeitpunkt der Nahtentfernung eingesetzt.

Eine zweizeitige Operation wird in der Regel durchgeführt, erst Verschluss des harten und nach 8 Wochen des weichen Gaumens. Bei bilateralen Kiefer- / Gaumenspalten wird eine neue Gaumenplatte nach der Operation eingesetzt.

Bei Bedarf Protraktion des Oberkiefers mit einer Delaire-Maske und Erweiterung des Oberkiefers zur Beseitigung von Kreuzbissen.

Stellt sich heraus, dass der seitliche Schneidezahn gut ausgebildet, dessen Einordnung sinnvoll und realistisch ist und der Knochendefekt ein Hindernis darstellt, kann eine frühe Knochentransplantation zur Förderung des spontanen Durchbruchs bei 2/3 sichtbarer Wurzellänge auf dem Röntgenbild (in der Regel mit ca. 8 Jahren) erwogen werden. Bei den meisten Fällen ist jedoch die Einordnung der seitlichen Schneidezähne nicht indiziert und er wird vor der späteren Osteoplastik operativ entfernt.

Stellt sich heraus, dass der Knochendefekt ein Hindernis für den Durchbruch des Eckzahnes darstellt, ist in der Regel eine Knochentransplantation indiziert. Sie wird durchgeführt kurz vor Durchbruch der Eckzähne, d.h. bei 2/3 sichtbarer Wurzellänge auf dem Röntgenbild (in der Regel mit ca. 10 Jahren).

Unmittelbar nach der sekundären Osteoplastik sollten die Segmente ca. 6 Monate lang mit kieferorthopädischen Apparaturen retiniert werden. Am besten ist eine fest zementierte Schiene dazu geeignet, alternativ kann eine Quadhelix oder Dehnplatte erwogen werden.

In der Regel wird mit festen Zahnspangen danach der Zahnbogen ausgeformt. Der Durchbruch des Eckzahnes durch das Knochentransplantat wird gefördert. Bricht der Eckzahn nicht spontan durch, sollte eine chirurgische Freilegung erwogen werden. Weicht die Kieferstellung zu sehr ab und ist eine erfolgreiche Behandlung mit einem ästhetischen Ergebnis nicht realistisch, wird eine Dysgnathie-Operation bzw. Distraktion in Betracht gezogen. Diese kieferverlagernden Operationen werden in den meisten Fällen gegen Ende des Wachstums durchgeführt.

Bei Bedarf: Generell wird die Meinung vertreten, Lippen- und Nasenkorrekturen so spät wie möglich durchzuführen, um u.a. Narbenbildung und die daraus resultierenden Wachstumshemmungen (z.B. Schiefwerden der Nase) zu vermeiden. Nach neuesten Fallberichten gibt es ästhetische Ergebnisse auch bei plastischen Operationen im jüngeren Alter. Durch die frühe Behandlung Nasoalveolar Molding wird zudem die Notwendigkeit bzw. das Ausmaß einer Rhinoplastik stark reduziert.

Eine Vorstellung beim Logopäden ist in den ersten Lebensmonaten wichtig. Häufige Kontrollen sollen danach erfolgen. Die Ernährung / Entwicklung soll dokumentiert werden und evtl. Physiotherapie (insbesondere bei Sondenernährung wichtig!) eingeleitet werden.

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